Big Data: URSA und die Hochschule Merseburg - Ein Gespräch mit Prof. Dr. Christian Schmeißer
URSA arbeitet seit einiger Zeit mit der Hochschule Merseburg zusammen. Studierende der Bereiche „Wirtschaftsinformatik“ und „Wirtschaftsingenieurwesen“ kümmern sich ein Semester lang um konkrete Aufgaben. Ein Semester, das sind 14 Wochen, in denen es darum geht, komplexe Abläufe zu verstehen, Optimierungspotenziale zu identifizieren und Lösungen zu finden. Denn am Ende geht es um Verbesserungen, die uns bei URSA den Arbeitsalltag erheblich erleichtern.
Die Studierenden der Hochschule Merseburg werden während der Projektzeit von Professor Dr. Christian Schmeisser betreut. Timo Leich, Marketingleiter der URSA Deutschland führte ein Gespräch mit dem 45-jährigen, der zu den Themen Wirtschaftsinformatik, Data Science und Intelligente Information lehrt und forscht.
Timo Leich: Bei URSA spielt das Thema Nachhaltigkeit eine sehr große Rolle. Und die Hochschule Merseburg hat Nachhaltigkeit als Forschungsschwerpunkt. Gleichzeitig spielt bei Ihnen das Thema Digitalisierung eine große Rolle. Wie funktioniert beides zusammen?
Christian Schmeißer: Nachhaltigkeit ist in modernen Produktionsbetrieben ohne Digitalisierung kaum zu realisieren. Wenn unsere Studierenden beispielsweise dazu beitragen können, Herstellungsprozesse zu optimieren, so dass mit weniger Energie gearbeitet wird oder sich Abfall vermeiden lässt, dann stecken dahinter immer auch Nachhaltigkeits-Aspekte.
Timo Leich: Aktuell werden drei Projekte im Werk betreut: a) Ein Planungstool, um Unterweisungen für Sicherheitsschulungen besser zu verwalten und zu organisieren, b) Entwicklung eines Dashboards, um Ausfallzeiten von Produktionsmaschinen besser planen zu können und c) automatisierte Qualitätskontrolle in der Dämmstoffproduktion. Wir wüssten gern etwas mehr über die Motivation der Studierenden, sich an den URSA-Projekten zu beteiligen. Wo sehen Sie die Schwerpunkte?
Christian Schmeißer: Die Lehrveranstaltung, in denen die Projekte angesiedelt sind, nennt sich „Data Science Anwendungen“. Die Studierenden sind alle Masteranwärter der Studiengänge „Wirtschaftsinformatik“ und „Wirtschaftsingenieurwesen“.
Die stärkste Motivation ist oft der Einblick in die Praxis und um zu sehen, wie sich ein konkretes Problem in einer praktischen Umgebung lösen lässt. Wer mit seiner Aufgabe startet, glaubt oft, ein Problem zeitnah und schnell lösen zu können. Dann zeigt sich aber, dass es wichtige Rahmenbedingungen gibt – und aus der kleinen Aufgabe wird ein großes Projekt. Die Studierenden lieben diese Herausforderung: Sie wagen den Deep Dive aus der Theorie in die Praxis, um sich in einem realen Unternehmen zu entfalten. Sie können arbeitspraktische Aufgaben bearbeiten und mich als Sicherheitsnetz nutzen – das aber selten benötigt wird. Die Lösungen, die vorgeschlagen werden, sind in der Regel spannend und qualitativ hochwertig.
Timo Leich: Sie wissen, wie man riesige Datenmengen managt und auswertet. Wie nutzen Sie dieses Wissen in der Zusammenarbeit mit URSA?
Christian Schmeißer: Exemplarisch zeigt sich das bei einer Masterarbeit zur Qualitätssicherung in der Produktion. Es ging darum, die bestehenden Verfahren zu verbessern und zu beschleunigen. Dafür wurde eine Kamera installiert, die Fotos von den Dämmstoffen macht und im Rahmen eines maschinellen Lernverfahrens entscheidet, ob der Dämmstoff die hohen Qualitätsanforderungen erfüllt. Hier geht es um Big Data: Das System wird angelernt, um durch visuelle Interpretation zu entscheiden, wann ein Fehler vorliegt. Ausschuss kann so schneller erkannt und die Ursachen beseitigt werden. Das spart Zeit, große Mengen Energie und schont die Ressourcen.
Timo Leich: Auch hier zeigt sich, dass Nachhaltigkeit am Ende eine Frage der Details ist. Für eine ressourcenschonende Produktion müssen viele Komponenten aufeinander abgestimmt werden. Oft entstehen dabei riesige Datenmenge. Welche Rolle spielt dabei künstliche Intelligenz?
Christian Schmeißer: Tatsächlich erleben wir seit zwei Jahren enorme Veränderungen mit der generativen KI. Wenn man früher über KI gesprochen hat, war in der Regel die prädiktive KI gemeint, die sich eher mit Vorhersagen, Objekterkennung etc. beschäftigt. Eine KI, die eigenständig Content produziert, hat eine ganz andere Qualität. Bei den Projekten, die wir bisher für die URSA bearbeitet hatten, spielte generative KI nur eine untergeordnete Rolle, weil wir bisher keine Sprachmodelle brauchten.
Ob und wann wir diese KI in künftigen URSA-Projekten einsetzen werden, ist noch nicht absehbar. Denn wir arbeiten oft mit Zahlen. Diese müssen stimmen und am Ende an den richtigen Stellen stehen. Das Problem: Die aktuellen KI-Sprachmodelle sind von ihrer Struktur her darauf ausgelegt, zu raten: Was kommt als nächstes Wort? Das basiert auf antrainierten Informationen. Damit die KI gut funktioniert, nutzt sie Parameter, die nach alternativen Lösungen suchen. Da kann es dann passieren, dass die KI eine wichtige Zahl nicht findet und dann stattdessen eine andere Zahl nimmt, die ähnlich ist. Das führt dann bei bestimmten Auswertungen zu erheblichen Problemen. Das große KI-Zukunftsthema wird deswegen die Qualitätssicherung sein.
Timo Leich: Gibt es schon Ideen für zukünftige Projekte mit URSA?
Christian Schmeißer: Wir sind gerade dabei, mit URSA über das Thema Datenmanagement nachzudenken. Es geht hier um Konsolidierung von Daten und deren systematische Aufbereitung. Diese werden dann in optimierter Form allen angeboten, die für ihre tägliche Arbeit auf diese Daten angewiesen sind. Das ist eher ein allgemeineres Thema, bei dem es um das Organisationsprinzip der Arbeitsabläufe und der dafür notwendigen Software geht. Welche Tools lassen sich einsetzen? Wie können wir die Daten zu bestimmten Anwendungen so visualisieren, dass sich gut mit ihnen arbeiten lässt?
Timo Leich: Können Sie sagen, was bei den bisherigen Projekten die besonderen Herausforderungen waren? Was war die Nuss, die es zu knacken galt?
Christian Schmeißer: Die Herausforderung ist eher generell: Die Studierenden müssen es schaffen, tief in die Themen einzutauchen. Zu Beginn gilt es, sich mit dem Produktionsprozess zu beschäftigen. Wie funktioniert die Herstellung der Mineralwolle? Das dauert eine gewisse Zeit. Welche Systeme sind beteiligt? Ich glaube, die größte Herausforderung für die Studierenden ist, erstmal reinzukommen. Und in einem Semester haben wir ja nur 14 Wochen Zeit. Das ist für manche Themen relativ knapp. Deswegen ist es oft eine Herausforderung, die Aufgaben so zu stellen, dass sie innerhalb des Zeitrahmens zu bewältigen sind. Das scheint gut zu funktionieren, denn bei den bisherigen URSA-Projekten sind wir zu gut funktionierenden Ergebnissen gekommen.
Timo Leich: Die Kooperation mit URSA bringt allen Beteiligten deutliche Vorteile. Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit URSA? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Christian Schmeißer: Tatsächlich gefällt mir Zusammenarbeit mit URSA sehr. Wir bekommen für die Projekte sehr kompetente Ansprechpartner, die mit Engagement dahinterstehen. Ich erlebe die Zusammenarbeit beiderseits als sehr produktiv. Es würde mich freuen, wenn wir das in den nächsten Jahren am Leben halten können.
Timo Leich: Danke für das Gespräch und den angenehmen Austausch. Hoffentlich erfahren wir an dieser Stelle demnächst noch mehr über konkrete Projekte von Studierenden der Hochschule Merseburg.
Weitere Infos? Details zum Studiengang „Wirtschaftsinformatik“ gibt es hier.